Eine gute Konjunktur ist schlecht für die Natur - Das zeigt die Ökobilanz der Industrie. Was tun Unternehmen für die Umwelt und wo lauern Schlupflöcher?
Laut Umweltbundesamt sank die CO2-Emission seit dem Jahr 2019 um etwa 20 Prozent. Dass der Wert allgemein rückläufig ist, liegt an modernen Fertigungstechniken, effektiveren Prozessen und dem neuen Bewusstsein, welches es auch in die Chefetagen geschafft hat. Unternehmen behaupten heute gern, klimaneutral zu produzieren oder etwas für die Umwelt zu tun.
So zeigen Initiativen wie die RE100, ein Zusammenschluss der größten Global Player mit dem Ziel, klimaneutral zu wirtschaften, wie gut grünes Firmenbranding ankommt und als Marketingmaßnahme genutzt werden kann. Auf der anderen Seite offenbart die Liste, die Scheinheiligkeit mancher Praktiken. Was sind gute und und schlechte Maßnahmen? Warum könnte alles noch etwas schneller gehen?
Wie funktioniert Nachhaltigkeit in der Industrie?
Warum ist die Politik nicht in der Lage, CO2 zu besteuern und somit mehr gegen den Klimawandel zu tun, als bloße Lippenbekenntnisse zu leisten? Ob Wahlkampfspenden oder die Angst vor der Abwanderung großer Industrien in Entwicklungsländer - Schwerwiegende Gründe zum Handeln gäbe es genug. Man kann fast von Glück sprechen, dass die Industrie selbst Maßnahmen ergreift, um den negativen Einfluss auf die Natur zu senken. Wie funktioniert Nachhaltigkeit in der Industrie?
Energieeffizienz ist Kosteneffizienz
Ein großer Grund für die Einsparung von Energie ist ein kosteneffizientes Wirtschaften. Die Schonung von Ressourcen und die Senkung des CO2-Ausstoßes funktioniert so mit dem Fokus darauf, Geld zu sparen und die Gewinnbilanz zu verbessern. Für dieses Ziel arbeiten Ingenieure mit Hochdruck daran, Prozesse zu optimieren, die in der Produktion weniger kosten.
Auch anderweitig wird versucht nachhaltiger zu agieren. Beispielsweise werden im Bereich der Dosiertechnik die Verfahren so geändert, dass die Technologie von Dosieranlagen ressourcenschonend ist, da möglichst wenig Material verschwendet werden soll, wenn exakt dosiert wird. So versuchen alle Bereich der Industrie den nachhaltigen Gedanken umzusetzen.
Geschäftspraxis für grünere Prozesse
Grünes Unternehmen bedeutet auch, dass das Umdenken im gesamten Unternehmen ankommt. Vom Papier im Büro bis zum Einkauf von Werbeartikeln wird immer mehr auf Produkte gesetzt, die keine Schäden am blauen Planeten verursachen. Um die Versorgung mit recycelten Materialien, wie zum Beispiel Werbeartikeln, ist ein eigener Wirtschaftszweig entstanden. Anbieter für nachhaltige Marketing- und Werbeartikel zeigen, wie man mit guter und grüner Geschäftspraxis etwas gegen den Klimawandel tut und dennoch wirtschaften kann.
Abfallmanagement - Entsorgung mit Köpfchen
Dichte Wolken, die aus Industrieschornsteinen quellen und Abfälle, die Flüsse und Seen verschmutzen gehören in Europa der Vergangenheit an. In einigen Unternehmen wird die Abluft der Belüftungsanlagen so sehr gefiltert, dass sie sauberer ist, als die Luft in der Umgebung. Abfälle zu recyceln gehört zur Alltagspraxis. Kein Unternehmen kann sich heute den negativen Ruf erlauben, Giftstoffe in der Nähe von Wohngebieten zu entsorgen, wo Familien mit ihren Kindern wohnen.
Nutzung von anfallenden Ressourcen
Im Unternehmen anfallende Ressourcen gewinnbringend zu nutzen, eröffnet unendliche Möglichkeiten die Bilanz zu verbessern. Projekte, in denen zum Beispiel die warme Abluft von Servern großer Rechenzentren für die Heizung der Büroräume oder naheliegender Siedlungen genutzt werden sind ein Beispiel dafür, wie ganzheitlich Wirtschaften sein kann.
Umweltfreundlichkeit und schöne Augenwischerei
Der Europäische Emissionshandel (EU-ETS) gilt als wichtiges Instrument für den Klimaschutz. Das Gute an der seit 2005 im Kyoto Protokoll aufgenommenen Praxis: Unternehmen werden mit einer Obergrenze für CO2 bedacht. Das Bewusstsein, dass man weniger Schadstoffe ausstoßen könne, geht damit einher. Auf der anderen Seite ist es fraglich, dass große Unternehmen mit viel Ausstoß die Emissionsberechtigungen einfach kaufen können. Das Problem: Es gibt zu viele dieser Berechtigungen, was den Preis für die Verschmutzung der Umwelt tief fallen lässt. Reformen der letzten Jahre konnten dies nicht aufhalten.
Auch noble Vorhaben, wie die RE100, sind oft mit großer Augenwischerei verbunden: Große Konzerne, die rund um die Welt schädliche Rohstoffe für die Herstellung von Smartphones fördern stehen mit auf der Liste. Sie senken in ansässigen Unternehmen zwar den CO2-Ausstoß, doch sorgen ihre Zulieferer an den Orten wo die Rohstoffe gewonnen werden für Schaden an der Natur und an den Menschen.
CO2-Steuer? Bitte mehr als das!
Die Messbarkeit der Umweltverschmutzung anhand des CO2-Ausstoßes ist ein guter Anfang und zeigt schon heute, wie viel Handlungsbedarf besteht. Wenn es allerdings dabei bleibt, dass der Handel mit Emissionswerten rein informatives Werkzeug und das Wirtschaften von Global Playern nicht über den Tellerrand hinaus bewertet wird, bleiben viele Faktoren unbeachtet und können einen Schaden am Planeten, der sich außerhalb dieser CO2-Rechnung abspielt, nicht aufhalten.
Initiativen kleiner Unternehmen, die ihre Geschäftspraxis vom Werbegeschenk bis zur Umverpackung der Produkte auf grün umstellen, sind sehr positive Signale und dürften in Zukunft auf bestehende Klimasünder abfärben. Um ein wirklich wirksames Mittel zu haben, die Industrie und Energiewirtschaft zur Senkung der Treibhausemission zu bewegen, wäre eine CO2-Steuer ein gutes Mittel, auch um neue, innovative Wege zu finden und zu fördern.